Streitende Stinktiere

GESCHICHTE Schriftsteller Lutz Rathenow liest bei Vernissage in Schönwalde

20.05.2009, 16:25 Uhr

SCHÖNWALDE-GLIEN: Lutz Rathenow hat einen Stapel Bücher mitgebracht. Anekdoten aus Ostberlin, vor dem Mauerfall, sind in den Werken enthalten, Fabelgeschichten für Kinder, Gedichte über den spanischen Stierkampf. Gezielt hat der Berliner Schriftsteller, der in der DDR als Dissident verhaftet wurde, die Geschichten für diesen Abend ausgewählt. Denn fast jede von ihnen ist mit der Historie des sozialistischen Staates eng verwoben.
Mit seiner Lesung eröffnete Lutz Rathenow die Ausstellung "20 Jahre friedliche Revolution und Deutsche Einheit" im Gebäude des Kreativ-Vereins in Schönwalde-Dorf, die dort bis zum 27. Mai zu sehen ist. Auf mehreren Plakatstellwänden informiert diese unter anderem über die Fälschung der DDR-Kommunalwahlen, die Fluchtbewegung im Sommer 1989, die im Herbst folgenden Massenproteste. Mit Fotos und kurzen Texten sind die historischen Ereignisse erklärt.
Die CDU-Landtagsabgeordnete Barbara Richstein organisierte die Ausstellung, die von der Bundesstiftung "Aufarbeitung" zur Verfügung gestellt wurde. "Damit sollen vor allem junge Leute aufgeklärt werden", sagte sie. "Sie lernen in der Schule viel über den Nationalsozialismus, aber wenig über die DDR".

Lutz Rathenow griff mit seiner Lesung dem Auftrag der Ausstellung vor, zitierte aus einer Kindergeschichte, die von zwei streitenden Stinktieren handelt. "Diese Fabel war in der DDR verboten. Man war der Auffassung, dass durch sie der Frieden gefährdet sei", berichtete er. Denn mit den Tieren seien die politischen Systeme von DDR und Bundesrepublik assoziiert worden.
Das willkürliche Agieren der sozialistischen Staatsmaschinerie zeigte er an einer anderen literatischen Passage auf. Aus seinem Buch "Ost-Berlin. Leben vor dem Mauerfall" las er vor, wie alkoholisierte FDJ-ler zu Pfingsten durch die Straßen Berlins ziehen, um sozialistische Lieder zu parodieren.
Von den patrouillierenden Polizisten ernten sie nur Lächeln, ins Gefängnis wandern andere.
Eines liegt dem Berliner Schriftsteller dann noch am Herzen: Sein gesamtes literarisches Werk sei nicht mit seiner DDR-Biographie in Verbindung zu bringen. "Damit tut man diesem Statt zu viel Ehre an".


Info Dauer: bis 27. Mai. Öffnungszeiten: Di., Mi., Do., 15-17 Uhr, Sa., 10-12 Uhr und nach Vereinbarung: Tel. (03322) 23 00 11