„Ein bisschen Spannung muss sein“ | Barbara Richstein (CDU) über Wahlen, Mandate, Falkensees Entwicklung und die Jagd

16.01.2008, 12:22 Uhr

Im Wahlkreis Falkensee, Dallgow-Döberitz und Schönwalde-Glien errang sie vor drei Jahren das Direktmandat für den Landtag. Nunmehr hat sie prominente Konkurrenz: Finanzminister Rainer Speer (SPD) will ebenfalls kandidieren. Mit Barbara Richstein sprach Stefan Kuschel.

MAZ: Der Sozialdemokrat Heiko Müller ist seit knapp drei Monaten Bürgermeister in Falkensee. Wenn Sie ihn so agieren sehen, bereuen Sie es dann, bei der Wahl nicht gegen ihn angetreten zu sein? Immerhin hatten viele Beobachter Ihnen gute Chancen eingeräumt, und die SPD war heilfroh, dass Sie eine Kandidatur ausgeschlossen haben.

Barbara Richstein: Die 100-Tage-Schonfrist ist noch nicht um. Ich weiß, dass die Sozialdemokraten Angst vor einer Bürgermeisterkandidatin Richstein hatten. Selbstverständlich dachte ich ernsthaft über eine Kandidatur nach. Ich bereue aber meine Entscheidung nicht.

Warum?

Richstein: Ich habe einen Auftrag der Bürger, im Landtag bis 2009 zu arbeiten. Diesen möchte ich erfüllen. Für ein Bürgermeisteramt muss man tief in der Kommunalpolitik verwurzelt sein. Mit Daniela Zießnitz hatten wir eine exzellente Kandidatin.

...die mit gut 22 Prozent deutlich hinter den Erwartungen der CDU und dem Wahlsieger aus den Reihen der SPD zurück geblieben ist.

Richstein: Ja, ich kenne das Ergebnis. Als Seiteneinsteigerin ohne Prominenten-Bonus wie Herr Müller hatte Daniela Zießnitz es trotz der loyalen Unterstützung der CDU-Falkensee schwer.

Sie haben geäußert, dass nicht Sie gegen den Finanzminister antreten, sondern der Finanzminister gegen Sie. Ist ihr Selbstbewusstsein immer noch so groß?

Richstein: Natürlich. Die Bürger haben mir 2004 mit dem Direktmandat ihr Vertrauen ausgesprochen. Jeder, der hier antritt, tritt gegen mich an und muss beweisen, dass er etwas für die Bürger leisten will. Ein Amt alleine schafft kein Vertrauen.

Sind Sie eigentlich sicher, dass Sie 2009 wieder für den Landtag kandidieren? Schließlich finden ja auch Bundestagswahlen statt.

Richstein: Ich möchte mich auf jeden Fall weiter politisch engagieren. Für welches politische Mandat ich kandidiere, entscheiden Anfang 2009 die CDU-Gremien. Ob ich es gewinne, entscheiden die Wähler. Die Auswahl steht derzeit nicht an und ich gestehe etwas für Politiker Untypisches – ich selber habe darüber noch nicht nachgedacht.

Sie haben das Direktmandat jetzt seit drei Jahren. Wie fällt Ihre Bilanz aus, und was muss noch passieren bis 2009?

Richstein: Ich habe weiterhin bei den Menschen großen Zuspruch und helfe gerne bei ihren kleinen und großen Problemen. Wichtig ist natürlich auch meine gesetzgeberische Arbeit. Falkensee wird Mittelzentrum. Wir haben lange darauf hingearbeitet, dass die Stadt den Status erlangt, der ihr gebührt. Falkensee kann Motor für die Region sein.

Was ist Ihnen ansonsten wichtig in Falkensee und dem Rest des Wahlkreises?

Richstein: Wir sind eine der brandenburgischen Regionen, die sich durchaus positiv entwickeln. Der Infrastrukturausbau muss schnellstens fortgesetzt und der Nordteil der Ortsumfahrung gebaut werden. Es muss ein klares Bekenntnis zu einer starken Regionalbahn geben, ohne weiter auf die S-Bahn-Träume zu setzen.

Wie muss man sich den Alltag von Barbara Richstein vorstellen, die ja pendelt zwischen Falkensee, wo sie wohnt, sowie Potsdam und Brüssel, wo sie politisch arbeitet?

Richstein: Im Interesse meines Wahlkreises liegt der Schwerpunkt meiner Arbeit im Landtag. Das ist mit allen Pflichten einer Landtagsabgeordneten verbunden. Ich bin Mitglied im Präsidium, im Hauptausschuss sowie im Ausschuss für Europaangelegenheiten und Entwicklungspolitik. Als europapolitische Sprecherin bin ich oft in Brüssel. Ich bin dort stellvertretendes Mitglied im Ausschuss der Regionen und vertrete unsere regionalen Interessen. Außerdem ziehe ich in Erwägung, in diesem Herbst bei den Kommunalwahlen zu kandidieren.

Für die Falkenseer Stadtverordnetenversammlung oder für den Kreistag?

Richstein: Ein bisschen Spannung muss noch bleiben. Ich möchte mit einem kommunalen Mandat erreichen, die Interessen der Region noch besser im Landtag vertreten zu können.

Wie beurteilen Sie eigentlich die Lage der Falkenseer CDU, welche Chance hat sie im Herbst, wieder stärkste Fraktion in der Stadtverordnetenversammlung zu werden?

Richstein: Die Bürger vertrauen uns. Das ist die Voraussetzung für einen erneuten Wahlerfolg. Wir sind eine starke und motivierte Mannschaft sowohl in der Stadt als auch im Kreis. Mit der neu gegründeten Kreis-Frauen-Union, dem wachsenden Zuspruch bei der Jungen Union und unserer steigenden Mitgliederzahl können wir selbstbewusst in die anstehenden Wahlen gehen. Wir werden gewinnen.

Haben Sie es jemals bereut, Politikerin geworden zu sein?

Richstein: Nach der Landtagswahl 2004 habe ich schon mit dem Gedanken gespielt, aus der Politik auszuscheiden. Meine Familie und meine Freunde haben mich damals auch gefragt, warum ich mir das antue.

Sie meinen die Tatsache, dass Ihr damaliger Parteichef Jörg Schönbohm Sie damals überraschend nicht wieder als Justizministerin vorgeschlagen hat.

Richstein: Ja, ich meine den persönlichen Umgang mit mir in dieser Sache und weniger den Amtsverlust. Ich habe mich fürs engagierte Weitermachen entschieden, und der große Zuspruch der Bürger hat mir damals die Kraft gegeben. Das gewonnene Direktmandat war für mich Verpflichtung zum Weitermachen.

Sind Sie noch als Anwältin zugelassen?

Richstein: Ja, in einer Berliner Kanzlei. Ich habe immer großen Wert darauf gelegt, Beruf und Mandat zu trennen, damit mir die wirtschaftliche Unabhängigkeit meine persönliche politische Freiheit sichert. Ich möchte als Anwältin keine Mandate bekommen, nur weil ich Politikerin bin. Deshalb bin ich als Anwältin auch immer in Berlin geblieben.

Sie sind gerade dabei, den Jagdschein zu erwerben. Wie kommt das?

Richstein: Ich liebe die Tiere und die Natur. Als Sportlerin bin ich viel in der wunderschönen Wald- und Seenlandschaft unterwegs. Häufig habe ich Spuren und Fährten gesehen, ohne zu wissen, von welchen Tieren sie stammen. Unsere Großeltern haben das alles noch gewusst, und ich möchte mich auch besser auskennen. Deshalb mache ich derzeit das „grüne Abitur“. Mir geht es dabei nicht um das Jagen.

Berufliches, Politisches, Biografisches

Finanzminister Rainer Speer (SPD), der familiäre Bindungen nach Falkensee hat, ist voraussichtlich der prominente Kontrahent Barbara Richsteins im Rennen um das Direktmandat. Er hat angekündigt, als „Nachfolger“ des langjährigen Landtagsabgeordneten Heiko Müller, der nun Bürgermeister in Falkensee ist, den Wahlkreis zu übernehmen.

Barbara Richstein wurde 1965 in Sindelfingen geboren. Nach dem Abitur studierte sie in Bonn Rechtswissenschaften. Von 1991 bis 1993 war sie in der Immobilienwirtschaft tätig, von 1993 bis 1995 war sie Rechtsreferendarin und von 1995 bis 1997 Vorstandsreferentin der Jüdischen Gemeinde zu Berlin.

Rechtsanwältin ist die Christdemokratin seit 1997. Im selben Jahr wurde sie Mitglied in der CDU, sie ist stellvertretende Landesvorsitzende ihrer Partei.

Überregionale Bekanntheit erlangte Barbara Richstein 2002, als sie zur Brandenburger Justizministerin ernannt wurde. Nach der Wahl 2004 nominierte sie Parteichef Jörg Schönbohm nicht wieder.

Wissenschaftliche Mitarbeiterin Barbara Richsteins ist Katarzyna Debicka. Sie ist die erste Polin, die einen Brandenburger Kreisverband der Jungen Union führt.