Brüsseler Ritterschlag | EU-Kommissarin lobt Brandenburgs Neuausrichtung der Förderpolitik

01.03.2006, 10:33 Uhr

POTSDAM Regierungschef Matthias Platzeck (SPD) erhielt gestern den lang ersehnten Brüsseler Ritterschlag für seine Förderpolitik. Die EU-Kommissarin für Regionales, Danuta Hübner, begrüßte bei ihrem Besuch in Potsdam die Neuausrichtung der Förderpolitik. Die gezielte Förderung von Wachstumsbranchen und -regionen unter dem Motto "Stärken stärken" stimme mit den Vorstellungen der Europäischen Union überein.

Das Lob der polnischen Politikerin machte den jahrelangen Streit um die Zweiteilung der Mark fast vergessen. Der Regierungschef hatte damals als eine seiner ersten Amtshandlungen das Land in zwei EU-Förderregionen aufgeteilt. Hintergrund der umstrittenen Entscheidung war die Sorge, dass Brandenburg ab 2007 aus der Brüsseler Höchstförderung herausfällt, falls es nach der EU-Osterweiterung statistisch nicht mehr zu den ärmsten Regionen Europas zählen sollte. Um das zu verhindern, wurde das Land in einen "armen" Nordosten und einen "reichen" Südwesten aufgespalten. So sollte die Höchstförderung wenigstens für eine Hälfte des Landes gesichert werden. Nach neuesten statistischen Erhebungen würde nach wie vor das ganze Land zu den ärmsten EU-Regionen gehören - doch eine erneute Status-Änderung lässt die Brüsseler Bürokratie nicht zu.

In der 2000 gestarteten und in diesem Jahr auslaufenden Förderperiode stehen dem Land insgesamt 3,2 Milliarden an EU-Mitteln zu. Infolge der Zweiteilung werde das Land ab dem nächsten Jahr weniger Geld erhalten, machte Hübner klar. Ein Trostpflaster hatte sie dennoch parat: Die Förderkriterien für den wirtschaftlich etwas stärkeren Südwesten würden - anders als zuvor befürchtet - gleich bleiben. Damit können Unternehmen bei ihren Investitionen weiter mit einer bis zu 50-prozentigen Förderung rechnen.

Schätzungen zufolge könnten dem Land durch Platzecks Teilungsbeschluss in der Förderperiode von 2007 bis 2013 zwischen 350 und 500 Millionen Euro verloren gehen. Der Ministerpräsident wies sämtliche Spekulationen zurück. Wie viel Geld das Land tatsächlich verliere, sei noch völlig unklar, so Platzeck. Viel wichtiger sei im Übrigen die Frage, wie weit das Land künftig alle ihm zustehenden Fördermittel auch kofinanzieren kann.

In der rot-schwarzen Koalition gibt es indes unterschiedliche Vorstellungen, welche Förderschwerpunkte man künftig setzen soll. Mehrere CDU-Parlamentarier - darunter der EU-Abgeordnete Christian Ehler, der Bundestagsabgeordnete Michael Stübgen sowie die Landtagabgeordneten Saskia Funck und Barbara Richstein - fordern, dass künftig ein größerer Anteil der EU-Mittel für den ersten Arbeitsmarkt bereitgestellt wird. "Wir wollen mehr für Innovation und den Mittelstand ausgeben", so Richstein. Dafür sollen weniger Mittel aus dem Sozialfonds der EU angefordert werden.

Dagegen wehrt sich die arbeitsmarktpolitische Expertin der SPD-Fraktion, Esther Schröder. "Wir haben viele Langzeitarbeitslose im Land - für deren Qualifizierung und Unterstützung müssen auch künftig ausreichend Mittel vorhanden sein." Im Übrigen müsse CDU-Wirtschaftsminister Ulrich Junghanns einen Mehrbedarf erst mal nachweisen. "Bislang hat sein Ressort noch nicht mal die EU-Mittel abgerufen, die ihm zustehen."