Barbara Richstein will Potsdam regieren und kämpft mit einer starken Konkurrentin um den CDU-Vorsitz. Eine Doppelspitze kann Flügel viel besser vereinen.
Sie setzt auf doppeltes Risiko: Ex-Justizministerin und Vizeparteichefin Barbara Richstein (CDU) aus dem Havelland kandidiert für das Oberbürgermeisteramt in Potsdam. Gleichzeitig überlegt die 44Jährige, für den Landesvorsitz der Union gegen Saskia Ludwig anzutreten. Der Tagesspiegel sprach mit Richstein über ihre Ambitionen und die brandenburgische CDU nach dem plötzlichen Wechsel von Johanna Wanka nach Niedersachsen.
Wie ehrgeizig sind Sie?
Nicht übertrieben, aber ausreichend. Ich bin ein sportlicher Mensch.
Die geschäftsführenden Vorstände haben nur einen Tag nach Wankas verkündetem Weggang bereits Saskia Ludwig als neue Fraktions- und Parteichefin empfohlen. Warum erwägen Sie eine Gegenkandidatur für den CDU-Vorsitz?
Demokratie lebt von Vielfalt und von Auswahl. Brandenburgs CDU steht mit dem Weggang von Johanna Wanka vor einem Generationswechsel, einem zur Generation 40 plus. Der Führungswechsel ist eine schwierige und kritische Phase, da kann man keine Entscheidungen innerhalb von 24 oder 48 Stunden treffen. Die Partei sollte sich dafür mehr Zeit nehmen.
Immerhin hängt davon die Zukunft der Partei in den nächsten zehn Jahren ab. Ich denke, die CDU sollte sich breiter aufstellen, um schlagkräftiger zu werden. Es ist besser, die Aufgaben auf mehrere Schultern zu verteilen, als alles auf eine Person zu konzentrieren. Das steht einer modernen, jungen Partei gut zu Gesicht. Eine Doppelspitze wäre eine Chance für die Union. Wir sollten das gerade in einer kritischen Phase nicht durch vorschnelle Festlegungen verspielen.
Vor drei Jahren zerriss es die Partei fast durch Lagerkämpfe. Geht es wieder los?
Mich nervt dieses Trugbild. Die Brandenburger CDU ist erwachsener, reifer geworden. Sie kann damit umgehen, dass es eine personelle Auswahl gibt. Weder Frau Ludwig noch ich neigen zu Grabenkämpfen. Wir kennen uns lange und gut genug, um an einem Strang zu ziehen.
Was halten Sie davon, dass Johanna Wanka bis zum Wahlparteitag im Sommer die Partei von Hannover aus führen will?
Es ist ein ehrgeiziges Unterfangen. Sie sieht es als geeigneten Weg für einen geordneten Übergang an. Das ist ihr gutes Recht.
Wovon hängt ab, ob Sie kandidieren?
Von der Basis. Ich habe bereits viele Gespräche geführt. Ich erfahre positive Resonanz. Ganz klar: Mir geht es nicht um die eigene Kandidatur, sondern um die Zukunftsfähigkeit der Partei. Die hat eine inhaltliche Vielfalt, die sich auch in der Führung widerspiegeln sollte.
Das wäre bei Ludwig nicht möglich?
Eine Doppelspitze kann die Strömungen und Flügel besser vereinen. Frau Ludwig steht klar und eindeutig für den wirtschaftsliberalen Flügel. Wir müssen aber auch den konservativen Flügel wieder stärken, der seit dem Weggang von Jörg Schönbohm ein bisschen schwächer geworden ist. Wir müssen darauf achten, dass uns Sozial-, Arbeitsmarkt- und eine zeitgemäße Familienpolitik genauso wichtig sind. Alle sollen sich vertreten fühlen.
Welchem Flügel gehören Sie an?
Ich bin eigenständig. Mir geht es darum, nicht zu polarisieren, sondern zu vereinen. Das betrifft die Partei im Übrigen genau wie das Amt des Potsdamer Oberbürgermeisters, für das ich kandidiere.
Warum eigentlich?
Es reizt mich, Potsdam ist ein spannendes Pflaster, eine junge, moderne Stadt, die mir ja nicht fremd ist.
Potsdam hat seit 1990 „rot“ gewählt. Wie wollen Sie da Amtsinhaber Jann Jakobs (SPD) schlagen?
Ich möchte als Kandidatin für alle Potsdamer antreten. Potsdam ist eine offene, sich wandelnde Stadt, in der sehr viele unterschiedliche soziale Schichten aufeinandertreffen.
Bisher gab es hier nur rot-rote Duelle.
Mag sein. Dann wird es höchste Zeit, dass das anders wird. Es gibt in Potsdam ein bürgerliches Potenzial, das sich in dieser rot-roten Auseinandersetzung nicht wiederfindet, politisch nicht vertreten fühlt. Für die CDU ist mehr drin. Die Stadt hat sich seitdem weiter verändert. Und die Potsdamer wollen keinen linken Oberbürgermeister.
In Potsdam streitet man mit Inbrunst um Stadtschloss, Uferwege und Amtsschimmel. Schreckt Sie das nicht?
Eine große Stadt hat eben große Probleme. Ich will die nächsten Wochen dazu nutzen, mich damit genauer vertraut zu machen. Vielleicht tut ein bisschen frischer Wind von außen Potsdam ganz gut.