INTERVIEW: „Sieg ohne Stichwahl wäre schöner“

Barbara Richstein über ihre OB-Kandidatur, den Amtsinhaber und den klugen Hund Felix

23.04.2010, 10:00 Uhr | Märkische Allgemeine Zeitung, Volkmar Klein

Barbara Richstein will am 19. September Oberbürgermeisterin in Potsdam werden. Mit der 44-jährigen Landtagsabgeordneten sprach Volkmar Klein.

MAZ: Frau Richstein, Sie treten in der Landeshauptstadt als Oberbürgermeister-Kandidatin an. Warum tun Sie das?

Barbara Richstein: Warum ich mir das antue? Ich kenne Potsdam intensiver seit 1999 und sehe absolute Potenziale. Potsdam verdient einen Oberbürgermeister aus der politischen Mitte.


Nein, ich meinte schon: Warum tun Sie das. Sie wissen doch, dass die Linke frohlockt, weil Sie dem SPD-Amtsinhaber Stimmen abnehmen und damit dem einstigen IM „Hans-Jürgen“, dem CDU-Feindbild, mindestens in die Stichwahl verhelfen?

Richstein: Warum sollte die Linke frohlocken? In meinem Landtagswahlkreis in Falkensee hatte ich auch großen Zuspruch bei Linken-Wählern. Das Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Scharfenberg und Jakobs gab es 2002 auch erst im zweiten Wahlgang, weil die Linke ihre Wähler besser mobilisiert hat.

Mobilisierung und Wahlbeteiligung sind ja genau die Probleme in diesem Jahr, wo die OB-Wahl mit keiner anderen verknüpft ist...

Richstein: Ja, aber das sind die Probleme der SPD.

Haben Sie kein Verständnis für die in der Rathauskooperation vorgetragene Bitte des Oberbürgermeisters an CDU, FDP und Grüne, auf eigene Kandidaten zu verzichten?

Richstein: Ich will ihm keine Angst vor den Linken unterstellen, aber ich finde das Ansinnen seltsam. Es ist wahrscheinlich reines Machtkalkül. Meine Position dazu ist ganz klar: Natürlich brauchen wir in der Landeshauptstadt einen eigenen Kandidaten aus der bürgerlichen Mitte.

In der Rathauskooperation war aber ausgemacht, diesen bürgerlichen Kandidaten gemeinsam zu suchen. Die FDP ist nun verstimmt. Schadet der CDU-Alleingang nicht dem bisher stabilen Bündnis?

Richstein: Mit der FDP sind wir weiterhin in guten Gesprächen. Mein Name ist zur Unzeit in der Presse aufgetaucht. Ich war in Brüssel, mein Kreisverband Havelland war noch nicht informiert. Natürlich hätte ich mir einen anderen Verlauf mit Vorabstimmungen gewünscht. Um so froher bin ich über die positive Resonanz in meiner Partei.

Wo sind die Stärken und Schwächen der beiden Herren, die Sie herausfordern?

Richstein: Ich bin keine Analytikerin für den Gegner, ich weiß, was die eigenen Ziele und meine Stärken sind. Ich will eine Oberbürgermeisterin für alle sein. Potsdam hat sehr unterschiedliche soziale Strukturen, beim Amtsinhaber vermisse ich die Integrationskraft. Die hohen Entwicklungspotenziale dieser jungen und modernen Stadt sind nicht ausreichend zusammengeführt. Das Desaster um den Bebauungsplan des Stadtschlosses und die Probleme am Griebnitzsee zeigen, dass zu wenig miteinander geredet wird. Das zieht sich durch alle Themen. Und natürlich soll Potsdam noch familienfreundlicher werden. Nicht nur für Kinder, sondern in dem Sinn, dass die Generationen wechselseitig füreinander Verantwortung übernehmen.

Gibt es so etwas wie einen weiblichen Politikstil?

Richstein: Ich halte es da mit Margaret Thatcher, die sinngemäß gesagt hat: Wenn Du möchtest, dass über etwas geredet wird, frage einen Mann. Willst du etwas ändern, frage eine Frau.

Haben Sie eine Erklärung dafür, dass die CDU in Potsdam ständig Wahlergebnisse unter 20 Prozent und unter dem Landesdurchschnitt einfährt, obwohl die Stadt seit zwei Jahrzehnten eher bürgerlichen Zuzug hat?

Richstein: Die Partei hat in Potsdam und ganz Brandenburg schwere Zeiten hinter sich. Wir haben jetzt den Willen zur gemeinsamen Arbeit, zu einem wirklichen Neustart. Die Lagerkämpfe sind Geschichte. Solche Theorien pflegt nur noch der politische Gegner und manchmal die Presse, wenn sie Geschichten braucht.

Wie gemein von uns. Zumindest gibt es doch den Konflikt um den Vorsitz der Landespartei. Haben Sie sich schon entschieden, ob sie Saskia Ludwig den Anspruch streitig machen, zugleich Fraktions- und Parteichefin zu werden?

Richstein: Nein, noch nicht. Unabhängig von der Frage meiner Kandidatur halte ich es für wichtig, dass sich eine moderne Oppositionspartei inhaltlich und personell breit aufstellt. Mit Machtkonzentration auf eine Person lassen sich in der Führung nicht alle unterschiedlichen Strömungen vereinen. Saskia Ludwig steht sehr gut für den wirtschaftsliberalen Flügel der CDU, nicht mehr so stark ist nach Jörg Schönbohms Ausscheiden der konservative Flügel, wir müssen aber auch die arbeits- und sozialpolitische Strömung mitnehmen...

Wo sehen Sie sich selbst?

Richstein: Das ist so eine Sache mit den Schubladen, aber meine Grundüberzeugungen sind eher konservativ, auch wenn ich kein Hardliner wie Jörg Schönbohm bin.

Versprechen Sie sich aus einer Doppelkandidatur als Oberbürgermeisterin und CDU-Landesvorsitzende Synergien oder droht Überlastung, wenn sie beide Posten gewinnen?

Richstein: Potsdam hatte schon einen Oberbürgermeister, der zugleich Parteivorsitzender war. Es hat ihm nicht geschadet.

Im Landtagswahlkampf haben Sie das Konterfei Ihres Hundes plakatiert mit dem Spruch: Felix hat den richtigen Riecher. Hat er schon eine Erfolgsprognose für die OB-Wahl abgegeben?

Richstein: Er ist gerade damit beschäftigt, seine neue Freundin Gipsy kennen zu lernen. Sie teilen sich seit ein paar Tagen das Körbchen. Er hat also gerade keine Zeit für Politik.

Und Sie selbst? Ist die Stichwahl das Minimalziel?

Richstein: Ziel ist der maximale Erfolg. Die Stichwahl ist natürlich eine wichtige Etappe, ein Sieg ohne Stichwahl wäre schöner.

Oho! Gesetzt den Fall, Sie schaffen den Sprung in die Runde der letzten zwei: Wenn der Gegner Scharfenberg heißt, ist im Kooperationsvertrag geregelt, dass die Partner Sie in der Stichwahl unterstützen. Aber was passiert bei einem Duell mit Jakobs?

Richstein: Dazu kenne ich keine Klausel im Kooperationsvertrag. Darüber werden wir dann reden.