Eine Welle der Empörung

Polizeireform: Nur Nauens Bürgermeister Detlef Fleischmann ist mit dem Vorschlag der Aufbaustäbe zufrieden

04.04.2011, 10:41 Uhr | Die-Mark-Online - (pat)

Falkensee/Nauen (pat) – Der Abschlussbericht der Aufbaustäbe zur Polizeireform schlägt im Havelland weiterhin hohe Wellen. Während Nauens Bürgermeister Detlef Fleischmann keinen Hehl aus seiner Freude macht, ist Falkensees Verwaltungschef Heiko Müller konsterniert. Auch Havellands Schutzbereichsleiter Jörg Barthel ist ob der ausgesprochenen Empfehlung mehr als nur verwundert.

„Der Vorschlag, dass Nauen Polizeiinspektionsstandort werden soll, überrascht mich in der Tat, zumal im Bereich Falkensee 50 Prozent der Einsätze stattfinden“, betonte Barthel.

Fünf Jahre lang hat sich der Schutzbereichsleiter einem noch vom damaligen Innenminister Jörg Schönbohm initiierten Beschluss, den Standort Nauen nach und nach schließen zu lassen, gebeugt und mit Akribie dieses Ziel verfolgt. Nun kommt wohl alles anders. Brandenburgs Innenminister Dietmar Woidke (SPD) ist nun derjenige, der die Vorschläge umsetzen und taktisch verkaufen muss. „Der Vorschlag verwundert mich, weil damit alle bisher eingeleiteten Maßnahmen zurückgedreht werden. Das ist eine Kehrtwende, die hoffentlich noch nachreguliert werden kann.“

Das hofft vor allem auch Falkensees Bürgermeister Heiko Müller (SPD). Er spricht von einer „schlichtweg falschen Entscheidung“, sollte es denn so kommen. „Weder polizeitaktisch noch -organistorisch ist ein solches Vorhaben begrüßenswert. Die Begründung, dass in Nauen eine Liegenschaft vorhanden ist, ist trivial. Das ist eine fiskalische Entscheidung, mehr nicht“, betonte Müller.

Er verwies ebenfalls auf das hohe Kriminalitätsaufkommen, dass nunmal in Falkensee beispielsweise mit Blick auf die jüngsten Einbruchserien vorhanden ist. „Sollte Falkensee keine 24-Stunden-Wache haben, ist es schlicht unmöglich, Einbrecher auf frischer Tat zu ertappen. Das ist ärgerlich. Außerdem sind die Anrückzeiten aus Nauen nunmal länger, und damit auch die Schlagdistanz.“

Der Bürgermeister will nun in Absprache mit dem Landkreis noch einmal das Gespräch mit Innenminister Dietmar Woidke suchen. Überhaupt ist Müller ob der Hiobsbotschaft enttäuscht vom Land. „Diese Entscheidung ist ein weiteres Mal nicht nachvollziehbar. Ich gewinne den Eindruck, dass man im Land meint, hier in Falkensee läuft alles wie von selbst. Erst die Ankündigung, dass die Region kein Wachstumskern wird und nun das. Das macht mürbe. Die spezifischen Probleme müssen endlich ernst genommen werden“, forderte ein verärgerter Heiko Müller.

Welche Auswirkungen eine mögliche Entscheidung zugunsten des Standorts Nauen in Bezug auf den Bau einer neuen Wache in Falkensee haben wird, weiß Müller nicht. Er vermutet allerdings, dass die Größe des Gebäudes wohl kleiner ausfallen könnte. „Der Bau an sich, steht aber nicht in Frage“, meinte Müller.

Nauens Bürgermeister Detlef Fleischmann (SPD) plädiert ebenfalls für einen Wachenneubau in Falkensee, kann aber andererseits die generelle Aufregung nicht verstehen, zumal es wohl weiterhin drei Polizeistandorte im Havelland geben wird. „Der große Aufschrei ist für mich nicht nachvollziehbar. Es hat eine sachliche Analyse gegeben, die nunmal das Ergebnis zu Tage gebracht hat. Und das in Frage zu stellen, ist unnötig.“

Dem widerspricht allerdings Barbara Richstein, Falkenseer CDU-Landtagsabgeordnete: „Für mich ist die Ankündigung nicht der Weisheit letzter Schluss. Wenn man die Kriminalitätsrate betrachtet, muss die Inspektion aus polizeitaktischen Gründen in Falkensee angesiedelt sein. Ich hoffe, dass sich der Minister den Besonderheiten im Havelland bewusst ist und den Vorschlag revidiert.“

Auch Ursula Nonnemacher, innenpolitische Sprecherin der Landtagsfraktion der Bündnisgrünen, kann dem am Freitag veröffentlichten Bericht der Aufbaustäbe nichts abgewinnen: „Dass die nach der Bevölkerungsprognose bald fünftgrößte Stadt Brandenburgs ohne 24-Stunden Wache und ohne Kriminalpolizei dastehen wird, ist deprimierend“, sagte sie.

Einen Seitenhieb gegenüber dem Stadtoberhaupt konnte sie sich allerdings nicht verkneifen. „Wenn eine SPD geführte Stadtverwaltung aber seit Monaten das Mantra nachbetet, es komme nur auf die Zahl der Streifenwagen und nicht auf die Gebäude an, auf denen ,Polizei‘ draufstehe, dann wundert mich das nicht,“ legte sie nach. „Statt sich ständig für eine unsinnige Nordumfahrung aus dem Fenster zu lehnen hätte sich Bürgermeister Heiko Müller (SPD) bei seinen Parteifreunden in Potsdam lieber für den Polizeistandort Falkensee einsetzen sollen.“

Übrigens: Ende Mai wird sich der Innenausschuss und im Juni das Landtagsplenum erneut mit der Polizeistrukturreform beschäftigen. Bis dahin heißt es weiterhin Farbe bekennen, ansonsten sind Korrekturen wohl nicht mehr möglich.