Frankfurt (Oder) (moz) Nach dem tätlichen Angriff auf den MOZ-Fotografen Dietmar Horn ermittelt die Polizei gegen den Mitarbeiter einer Frankfurter Sicherheitsfirma. Scharfe Kritik an dem Vorfall kommt vom Deutschen Journalistenverband und vom Branchenverband der Sicherheitsunternehmen.
Am Freitag wollte Horn einige Aufnahmen von der öffentlich angekündigten Trauerfeier einer jungen, aus Frankfurt (Oder) stammenden Frau machen, die von ihrem Mann in Berlin getötet wurde. Die 31-Jährige Ulrike S. war vor dem Ehegatten in ein Frauenhaus geflüchtet, kehrte aufgrund einer Schwangerschaft allerdings zu ihm zurück. Die Frau sei „auf äußerst brutale Art und Weise erstochen worden“, sagen Ermittler. Der Mann wurde noch in der Wohnung festgenommen.
Horns Kollegin Karin Sandow hatte zu dem Kriminalfall und in dem Zusammenhang über Gewalt gegen Frauen recherchiert. Auch andere Medien hatten in den vergangenen Tagen umfassend über die Hintergründe der Bluttat berichtet. Doch ein Bild von der Beisetzung von Ulrike S. konnten sich beide MOZ-Journalisten nicht machen, ihnen wurde von Security-Männern gesagt, dass sie auf der Begräbnisstätte nicht erwünscht seien.
Erst außerhalb des Friedhofs, auf einem öffentlichen Gehweg, holte Horn seine Kamera aus der Tasche und fotografierte von weitem die Trauerhalle. Daraufhin stürzten sich die Security-Leute auf den Fotografen, er kam zu Fall, sein Gesicht wurde auf den Boden gedrückt. „Das waren breitschultrige Typen, die sehr aggressiv aufgetreten sind“, sagt er. Horn erstattete Anzeige wegen Körperverletzung.
Die Polizei ermittelt nun vorerst gegen einen Mitarbeiter der Sicherheitsfirma, wie Oberstaatsanwalt Ulrich Scherding am Montag mitteilt. Er sei in der Vergangenheit bereits polizeilich in Erscheinung getreten, aber nicht vorbestraft. Bis zu fünf Zeugen sollen gehört werden. Allerdings hat die Sicherheitsfirma ihrerseits Strafanzeige gegen den MOZ-Fotografen gestellt. Frühestens in der nächsten Woche könnten erste Ermittlungsergebnisse in dem Fall vorliegen, sagt Scherding. Der Chef der Sicherheitsfirma wollte auf Nachfrage keine Stellungnahme zu dem Angriff abgeben – mit Verweis auf das laufende Verfahren.
Für den Deutschen Journalistenverband (DJV) ist der Vorfall ein „heftiger Angriff auf die Pressefreiheit“. Der Landeschef Hans Werner Conen unterstreicht, dass zur Berichterstattung über ein Gewaltverbrechen auch die Beisetzung des Opfers gehöre – wobei hierbei die Persönlichkeitsrechte der Angehörigen zu berücksichtigen seien. „Hier sollten aber Fotos auf öffentlichem Terrain gemacht werden, was völlig legitim ist“, sagt er. „Wir fordern eine lückenlose Aufklärung dieser Attacke.“
Conen kennt weitere Beispiele, bei denen Journalisten in der Region bei ihrer Arbeit behindert wurden. So sei im Kreis Havelland eine Redakteurin von Mitarbeitern einer Sicherheitsfirma bedrängt worden, als sie eine illegale Müllentsorgung fotografieren wollte. Dabei wurde die Kamera zerstört. „In der Securitybranche betätigen sich manchmal brutale Typen aus der Halbwelt.“ Es könne nicht sein, dass „schwarze Sheriffs“ über die Art einer Berichterstattung bestimmen.
Barbara Richstein, Medienexpertin der CDU-Fraktion, sieht Pressevertreter in Brandenburg nicht als Zielscheibe. Attacken auf Journalisten seien absolute Einzelfälle, betont sie. „Es gibt keine Rechtfertigung für tätliche oder verbale Angriffe, wenn Journalisten rechtmäßig ihrer Arbeit nachgehen“, sagt sie. Klaus Ness, medienpolitischer Sprecher der SPD, spricht von einem „bedauerlichen Vorfall“. Er fordert Security-Unternehmen dazu auf, Mitarbeiter für sensible Einsätze besser auszuwählen. Nach seiner Kenntnis gab es bislang nur gelegentliche Attacken auf Journalisten bei rechtsextremen Demonstrationen.
Auch der Verband der Deutschen Wach- und Sicherheitsunternehmen verurteilt den Angriff am Friedhof „zutiefst“. Das werfe ein schlechtes Licht auf die Branche, sagt Sprecher Oliver Arning. Er beklagt, dass die Behörden bislang nur wenig Qualifikationen für den Zugang zum Security-Gewerbe einfordern. Dabei habe es zuletzt „im Segment der Türsteher-Firmen große Probleme“ gegeben. „Für spezielle Bereiche sollten Sicherheitsleute mit einem gezieltem Deeskalationstraining geschult werden“, so Arning.
Der Vater von Ulrike S. will sich am Dienstag in einem Gespräch mit der MOZ zu dem Vorfall äußern.