Potsdam (MOZ) Der Landtag diskutierte am Mittwoch erstmals das Leitbild zur Verwaltungsreform. Die Meinungen gingen dabei weit auseinander. Anschließend wurde das Papier der Landesregierung einstimmig in alle Ausschüsse überwiesen.
Klaus Ness, Fraktionschef der SPD vermutete in der Debatte, dass sich die CDU in die Ackerfurche drücken werde. Die kommunalpolitische Sprecherin der Christdemokraten, Barbara Richstein, griff dies auf und verwies auf das Märchen vom Hasen und dem Igel. Und dann wurde im Landtag gestritten, wer im Märchen der wirkliche Sieger ist.Aber der Reihe nach: Innenminister Karl-Heinz Schröter (SPD), noch vor einem Jahr Landrat in Oberhavel und ein Gegner der Kreisreform, verteidigte sein Leitbild als den großen Wurf. Es gehe darum, die Zukunft des Landes bis 2030, ja bis 2050 zu gestalten. Nach dieser Reform werden spätere Landtage keine Chance mehr haben, die Strukturen zu korrigieren. Dann könne man nur noch über die Abschaffung der Kreise diskutieren.
Ein Jahr lang soll deshalb lang und breit über die Vorschläge landesweit diskutiert werden. Ness lieferte die Begründung: die ungleiche Bevölkerungsentwicklung führt dazu, dass 2030 mehr als die Hälfte der Bevölkerung im Berliner Umland lebt, im Rest des Landes werden die Einwohnerzahlen drastisch sinken. Schon heute liegen in der Prignitz die Verwaltungskosten je Einwohner bei 344 Euro pro Jahr, in Oberhavel mit mehr als doppelt so vielen Einwohnern bei 188 Euro. Das Geld, das für die Verwaltung ausgegeben werde, fehle den Kreisen für Investitionen und führe zu hohen Kreisumlagen. Ness sprach von der Gefahr, dass sich das Land ohne Reform in zwei Geschwindigkeiten entwickle und nicht überall die Verwaltungen gleich schnell und gut arbeiten könnten.
Für die CDU bestritt Richstein die demografischen Herausforderungen nicht. Die SPD presche mit ihren Ideen jedoch unüberlegt los - das Bild des Hasen aus dem Märchen. Für ihre Partei reiche die Begründung für die Reform nicht aus. Die Aufgaben, die vom Land auf die dann größeren Kreise übertragen werden, seien zu gering. Allerdings machte Richstein auch keine Vorschläge, welche Aufgaben noch nach unten verteilt werden könnten. Der schlaue Igel werde zum jetzigen Zeitpunkt seine Ideen nicht verraten, sagte sie. Sie bemängelte zudem, dass die Kosten der Reform nicht beziffert werden und durch Fusionen keine Einsparungen zu erwarten sind. Richstein plädierte für freiwillige Kreiszusammenschlüsse, für Kooperationsmodelle und für eine Volksbefragung zu diesem Thema zusammen mit der Bundestagswahl 2017.
Der innenpolitische Sprecher der Linken, Hans-Jürgen Scharfenberg, warf der CDU vor, das Thema für parteitaktische Spielchen nutzen zu wollen. Genüsslich verwies er darauf, dass die CDU jetzt mehr Aufgabenübertragungen auf die kommunale Ebene fordere, sich vor zwei Jahren in der entsprechenden Enquetekommission jedoch als einzige Partei gegen entsprechene Vorschläge ausgesprochen habe. Der Igel, so Scharfenberg, sei im Märchen nicht der Sieger, sondern der Betrüger. Außerdem habe CDU-Innenminister Jörg Schönbohm 2003 eine Gemeindereform durchgedrückt, bei der es viel weniger Mitsprachemöglichkeiten gab. Jetzt stehe keine Gemeindegebietsreform an, sondern nur die Umwandlung der Ämter in Amtsgemeinden. Dem widersprach Peter Vida, BVB/Freie Wähler. Er verwies darauf, dass die nächste Gemeindereform schon in den Leitlinien angelegt sei, auch wenn sie erst nach der nächsten Wahl beschlossen werden soll. Die jetzt angekündigte breite Diskussion sei irreführend, da weder die Finanzierung noch die Kreiszuschnitte vorlägen.
Für die Grünen betonte Ursula Nonnemacher den Veränderungsbedarf. Auch der Landesfußballverband habe seine Fußballkreise von 17 auf acht reduziert um den Spielbetrieb aufrecht erhalten zu können. Ihrer Partei fehlten jedoch die Vorschläge, wie die Mitsprachemöglichkeiten der Bürger im Zuge der Reform gestärkt würden. Außerdem sollten nicht zu viele Aufgaben auf die Kreise übertragen werden. Wenn die Landräte künftig über Tierhaltungsanlagen entscheiden, würden die Wirtschaftsinteressen überwiegen, befürchtete Nonnemacher.
Für die AfD konstatierte Steffen Königer zwar Handlungsbedarf. Allerdings dürften die kreisfreien Städte ihren Status nicht verlieren und die Kreisreform sei überflüssig wie ein Kropf. Es müssten auch ungewöhnliche Ideen diskutiert werden, sagte Königer, selbst lieferte er aber keine.