Aus Sicht von Carlo Weber ist Falkensee eine Insel der Glückseligen. Der Mann ist Leiter der Abteilung Verfassungsschutz im Ministerium des Innern und Kommunales von Brandenburg und hat als solcher mit Falkensee eben wenig zu tun. Trotzdem waren am Mittwochabend viele interessierte Falkenseer gekommen, als die CDU-Landtagsabgeordnete Barbara Richstein den Verfassungsschützer zu einer Gesprächsrunde eingeladen hatte.
Das Thema war mit "Aktuelle Flüchtlingsbewegungen und die rechtsextremistische Lage im Havelland" überschrieben. Einen Zusammenhang zwischen beiden Bereichen gibt es durchaus, sagte Carlo Weber. Der Rechtsextremismus ist im letzten Jahr angestiegen, wenn auch in Brandenburg nicht so stark wie in manch anderem Bundesland. "Der Rechtsextremismus befindet sich in einer Scheinblüte, weil er von dem Flüchtlingsthema profitiert", sagte der Mann aus Potsdam, "das ist für den Rechtsextremismus, der das Völkische in den Mittelpunkt stellt, ein willkommenes Thema."Die Verfassungschützer sehen zudem eine Vermischung von bürgerlichem Klientel und rechtsextremen Gruppen. Das zeige sich bei Demonstrationen oder in Bürgerinitiativen, wie in Rathenow, die von NPD-Leuten unterwandert seien. Es steigen nicht nur die Zahl der Demonstrationen, sondern auch die der Straftaten. "Wir sehen die Gefahr der Redikalisierung, leider auch im Havelland", sagte Carlo Weber und nannte als Beispiele die Nauener Anschläge auf eine Turnhalle, die als Flüchtlingsunterkunft genutzt werden sollte, die Anschläge auf das Linken-Büro und die massive Störung der Stadtverordnetenversammlung.
Weber geht von etwa 25 bis 30 aktiven NPD-Mitgliedern im Havelland aus. "Ich bin sicher, die haben ihren Zenit überschritten", sagte er mit Blick auf die NPD - auch angesichts einer starken Zivilgesellschaft in der Region.
Und weil der FDP-Mann am Mittwoch nicht nur als Referent, sondern auch als Gesprächspartner gekommen war, schloss sich eine lebhafte Debatte an. Was ist mit der AfD?, wollte ein Besucher wissen. "Das sind Rechtspopulisten", stufte Weber die Partei ein, sie sei nicht unter Beobachtung des Verfassungschutzes, aber die Existenz und die Wahlerfolge dieser Partei sehe er auch als Mahnung an die etablierten Parteien, dass sie "in die richtige Richtung und im richtigen Tempo agieren".
Viele Flüchtlinge sind Moslems, was bedeutet das für den Islamismus, was für den Antisemitismus?, wollten andere Zuhörer wissen. "Die Sorge vor steigendem Antisemitismus ist nicht unbegründet", sagte der Verfassungsschützer, das Thema zeigt eine der vielen Aufgaben, die Integration mit sich bringe. "Der Islamismus wird von außen hereingetragen, auch Deutsche sind dafür empfänglich und das sind nicht die Harmlosesten", beschrieb er die besondere Form des Extremismus".
Einige Zuhörer wollten an diesem Abend aber gar nichts über Extremismus oder NPD oder AfD hören, sie wollten ihre Fragen und Ängste loswerden: Warum haben die Flüchtlinge alle Handys? Warum bekommen die so viel Geld? Wie viele kommen denn noch? Mit den Antworten, die sie bekamen, wollten sie sich nicht zufrieden geben.
Die große Mehrheit der Besucher aber lobte an diesem Abend das offene Gespräch zu einem so ernsten Thema.